Flohmarkt, wie er sein sollte

Gestern waren wir nach dem Besuch im Schlossgarten noch weiter gefahren zum Flohmarkt auf dem Pferdemarkt. Es war ja bestes Flohmarktwetter und dem entsprechend war auch schon der Teufel los: In jedem Winkel war ein Fahrrad geparkt und auf dem Platz waren die Gänge voll mit Leuten, sowohl Verkäufer als auch potentielle Käufer. Da ich für ein bestimmtes Projekt (ich werde beizeiten noch darüber schreiben) einen Teekessel brauche und keiner in meinem Bekanntenkreis (nicht mal meine Mutter) noch einen zu hause hat, sagte ich meiner Frau und meinen beiden Jungs: „Wenn ihr irgendwo einen Teekessel seht, dann sagt bitte laut: Oh, ein Teekessel!“ Leider (oder glücklicherweise?) sind meine Söhne so unerfahren auf diesem Gebiet, dass sie bei jeder Kaffee-/Tee-/Sonstwas-Kanne riefen: „Da, ein Teekessel!“. Kurz belehrt, was denn ein Teekessel sei: Da hamse dann wieder was gelernt. Wer weiss, wozu man das Wissen noch brauchen kann…

Wir hatten nun schon zwei, drei Gänge durch und natürlich hatte jeder seine Augen auch auf die eigenen begehrten Objekte. So fanden wir die Kinder immer wieder bei irgendwelchen PC/PS/Wii/Xbox- Spiele-Ständen und bei anderen Bälgern, die ihre Bionicles vertickerten. Und was man sonst alles sieht, wenn man seine Augen nach einem Teekessel Ausschau halten lässt… viele Dinge kenne ich noch von meiner Mutter, meiner Oma, meiner… ihr wisst schon. Auf einmal sagt meine Frau: „Da! Guck mal da! Ist das nicht…“ sieh sah lediglich in drei Meter Entfernung (auf einem vollen Flohmarkt eine extreme Weite!) einen braunen halben Kunststoffgriff aus einem Korb rausragen, der auch genauso gut ein Bügeleisen oder ein kaputter Regenschirm hätte sein können. Wir wühlten uns weiter vor, schubsten Ärsche und knufften Bäuche und sagten dauernd „tschuldigung!“ und standen endlich über diesem Korb und zogen am Griff und… Tataaaa: Ein Teekessel, emailliert, mit Pfeife aufm Ausguss (aber der kleine Penökel zum Pfeife-Anfassen war ab) und Deckel ob drauf. Sicher der oberallereinzige aufm ganzen Flohmarkt! Insgeheim wäre mir einer aus Edelstahl oder Kupfer lieber, aber so einer, der hat immerhin Stil (und wahrscheinlich eine eigene, tolle Geschichte). Kurz rein geguckt: kein Pröt oder sonstige historische Ansammlungen drin. Fast sauber. Jetzt kam der nächste spannende Teil: Was muss ich dafür ablatzen? Wenn der Verkäuferheini aufmerksam war, dann muss er gemerkt haben, wie geil wir da zielsicher hingestürmt sind und verlangt sicher boa-komma-x Euro, weil der eigentlich seiner Oma gehört, die im Heim ist und jede Mark braucht, damit man sie einigermassen pflegt… die üblichen Flohmarkt-Leidensgeschichten zur Gewinnerhöhung halt. Und ich halte ihm den Kessel vor die Nase und sage: „Hau’s raus, was musst du dafür haben?“ Und was sagt er? “ ’n Euro?“ Mehr fragend als fordernd. Wie soll man da feilschen???!? Ich habe ihm dann klar gemacht, dass ich Flohmarktkonform nun eigentlich den Handel mit „ey, mann, 90 Cent und nicht mehr“ beginnen müsste und wühlte schon während dessen das Euro-Stück aus der Hosentasche. Und bevor er merkte, dass ich mich einfach nur freute hatte er die Münze schon in der Hand und ich meinen Teekessel fest an mich gedrückt.

Nun wollte ich nur noch etwas nach Büchern Ausschau halten. Nach wie vor bin ich immer wieder auf der Suche nach Readers Digest Auswahlbüchern, die Gründe sind bekannt. Und dann fand ich auch einen Händler, der fast ausschliesslich mit alten Büchern handelt. Zwei lange Reihen Bananenkartons, vollgestopft mit Büchern. Mein geschultes Auge scannt so eine Kiste voller Buchrücken ruckzuck ab, um bei den interessanten Exemplaren inne zu halten und genauer festzustellen, was das denn nur für ein Buch sein könnte. Blöderweise stehen immer andere Leute vor den Kisten, deren Inhalt ich näher begutachten will und da ich nett bin, warte ich, bis die weiter gehen. Meine Familie geht indes auch weiter, aber die werde ich schon wieder finden. Während ich das erste Exemplar schon in der Hand halte und Ausschau nach einem weiteren Fundstück halte, höre ich den Bücheronkel zu jemand anderen sagen: „Jedes Buch nur einen Euro, weisst du, nä?“ und zu mir direkt dann auch: „Hast du auch gehört?„. Nett wie ich bin erwähnte ich mehr nebenbei, ohne hochzuschauen: „Ja, diese Information habe ich dankenswerterweise vernommen“ und suchte weiter. Ich fand bis auf ein weiteres Exemplar aber eigentlich nix, was ich nun unbedingt heute haben musste. Dann doch noch eines: Ein Buch über das Segeln. Und weil Mark gestern Geburtstag hatte und vor kurzem seinen Bootsführerschein gemacht hatte nahm ich das kurzerhand mit. „Das ist doch ein nettes Geschenk für Mark (und kostet nur nen Euro)“ dachte ich und stellte mir schon die Übergabe des Presents vor. Also suchte und fand ich dann wieder den Buchmacher: „drei Bücher, drei Euro, richtig?„. Er sah meine zwei Readers Digest-Exemplare und sagte: „Willst du von denen nicht noch mehr haben?“ Ich druckste etwas rum mit janeeja, eigentlich ja aber nee und so und er sagte: „Da hinten steht ne ganze Kiste voll, komm mal mit!“ und wir dackelten dahin und ich scannte kurz die zig Bücher und währenddessen sagte er: „Komm, zehn Euro, die ganze Kiste, kannste so mitnehmen„. Ich erwiderte, dass ich gar nicht soviel dabei hätte und legte die drei schon gewählten Bücher zur Seite, um noch mal zu gucken. Er fragte dann gleich: „na, wieviel haste denn?“ und ich schaute und zählte und sagte: „fünf, und noch zwei und… sieben fuffzig, mehr is nicht drin“. Und was macht er? Er nimmt die drei Bücher, die ich eh‘ haben wollte, packt sie mit in die Kiste und sagt: „geht klar, komm, nimm sie alle mit, der Deckel ist unter dem Karton“. Puh. Ich war doch mit dem Fahrrad da.

Ich habe dann irgend wann meine Familie wieder gefunden (Thor wollte noch ne Wurst und Pieth hat sich noch ein Wii-Spiel gekauft) und das Fahrrad mit dem Karton (und dem Teekessel) hinten drauf nach Hause geschoben, meine Frau hat mich begleitet. Die Kinder sind schon vorgefahren. Zuhause angekommen habe ich dann erstmal geschaut: 32 (zweiunddreissig!) Auswahlbücher und das Segelbuch für insgesamt 7,50 Euro. Die restlichen Centstücke konnte ich ihm vorenthalten. Und in der Kiste war nur ein Buch doppelt. Zwei andere hatte ich aber auch schon. Aber dennoch: Das war mal ein Schnitt!

Und: Das war mal ein Flohmarkt, wie er sein sollte: Alle glücklich!

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