Die letzten Tage hatten wir entfernte Verwandte zu Besuch. Entfernt nur, weil sie halt relativ weit weg wohnen. Die kommen dann zu viert mit allerlei Gepäck und schlafen in unserem Gästezimmer. Die beiden Kinder schlafen verteilt bei meinen beiden Jungs. So weit, so gut. Besuch ist Besuch und man macht die üblichen Dinge wie kleine Tagesausflüge (mit der „weisse Flotte“ übers Zwischenahner Meer) und grosse warme Mahlzeiten, meistens abends. Da sitzt man dann dicht zu acht um den Küchentisch und isst und schnackt und tut.

Aber was mir an mir selbst immer auffällt: Ich habe mir so meine Rituale angewöhnt und merke erst, wie sehr ich das vermisse, wenn ich das nicht mehr so wahrnehmen kann. Und dabei rede ich nicht von der Toilette, welche in der Zeit die doppelte Frequentierung erfahren muss. Nein, ich sitze abends an meinem Mac, habe einen Kopfhörer auf, lasse mich musikalisch berieseln und mache „so Internetsachen“. Hier was nachlesen, da was recherchieren, das Blog pflegen, andere Seiten aktualisieren und so weiter und so fort. Manchmal kleine Basteleien und andere Dringlichkeiten aus dem Haushalt. Dabei schweifen meine Gedanken hin und her und ich merke, wie sich alles vom Arbeitstag löst und nicht mehr so wichtig wird. Natürlich geht das nicht jeden Abend, und das ist auch kein Problem. Aber der Besuch war vier Tage da, und da merkte ich, wie ich gnaaatschig wurde. Andere Leute wollen über andere Sachen reden, andere (oder keine!) Musik hören, anderes Bier trinken und dazu kommt, dass ich mir echt fast jedwede Smalltalkfähigkeiten abgewöhnt habe. Das bedeutet: Mit Leuten, mit denen ich nicht regelmässig Umgang habe, kann ich nicht plaudern. Ich habe ja auch meist nichts zum Thema zu sagen, denn ich weiss nix übers Dschungelcamp, Nachbarschaftsverhältnisse, Erziehungsmethoden von anderen Eltern oder den peinlichen Auftritt von Promi X oder Landpolitiker Y. Mich interessiert nicht mal, wie voll die Autobahn unterwegs war oder wie viel/wenig Sprit das Auto verbraucht hat oder was die beste Route ist. Andersrum habe ich auch Verständnis, dass wohl kaum einen anderen interessiert, was ich so denke und vermeide darum, darüber zu erzählen (wenn es wichtig ist und/oder ich es loswerden muss dann wirds gebloggt 😉 ). Was mich noch weniger interessiert ist, wie toll sich andere Leute fühlen und welches Bedürfnis sie haben, dass ich das doch bitte auch anerkennen und huldigen muss. Vermutlich soll ich dann beeindruckt sein. Bin ich aber nicht. Ich will nur meine Musik hören, mein Bierchen trinken und schweifen. Und ab und zu bloggen. Das kam natürlich etwas zu kurz, und dabei hätte ich so viele Ideen gehabt. Die sind jetzt aber alle alt und nicht mehr schreibenswert und ich muss die jetzt vergessen. Das hört sich jetzt alles an, als wenn ich total langweilig wäre… Aber ich nehme an, dass Leute, die mich kennen und sich öfter mit mir unterhalten, durchaus die ein oder andere interessante oder gar humoreske Aussage von mir vernehmen können.

Na denn: Ein Prosit auf die Rituale.

One Reply to “Besuch vs. Rituale”

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