weltempfaenger

Schon vor etlichen Monaten habe ich mir einen Weltempfänger bei Amazon geholt, weil ich der Meinung war, ich bräuchte mal wieder einen. Und ich hab mir einfach fast den billigsten geholt, den ich finden konnte. Müsste so um die 11-12 Euro gewesen sein. Worauf ich nur Wert legte:

  • Mindestens Dreibandig, also UKW, Mittelwelle und Kurzwelle
  • kein eingebauter Akku sondern tauschbare Batterien
  • Kopfhörerbuchse

Es gibt auch Geräte, die nennen sich „Weltempfänger“, können aber z.B. keine Kurzwelle (SW) empfangen. Damit scheidet aber fast die ganze Welt aus! Der Grossteil der Skala an meinem Gerät wird nur für die Kurzwelle (3 – 30 Mhz) benötigt. Unser Lieblings-Online-Lexikon sagt dazu:

Die Kurzwelle nimmt unter den Funkwellen einen besonderen Platz ein. Auf Grund ihrer großen Reichweite können Kurzwellensignale weltweit empfangen werden. Kein anderer Frequenzbereich weist eine solch große Reichweite auf.

Und ich will die Batterien wechseln können, weil ich das Radio nicht erst laden müsste, wenn ich es mal brauche und keinen Saft mehr hat. Nach Murphy ist der Akku ja sowieso immer leer, wenn man das Gerät braucht (Murphys Meinung zum Batterievorrat will ich aber gar nicht wissen). Auf jeden Fall geht ein Batteriewechsel immer flotter. Zur Kopfhörerbuchse sag ich gleich noch was. Ich wollte auch nicht zwingend ein Gerät mit Display-Anzeige. Diese analoge Skalenanzeige gefällt mir schon, auch wenn sie naturgemäss ungenau ist. Vielleicht mechanisch anfälliger, aber immer irgendwie reparabel oder für den eigentlichen Empfang verzichtbar… ein defektes LCD zieht ggf. „falschen“ Strom und macht damit das ganze Gerät untauglich… oder irgendwas anderes schlimmes, was ich als Elektronik-Laie nicht verstehe. Ausserdem hat dieser „Retro-look“ fast was beruhigendes… 🙂

Ich hatte vor vielen, vielen Jahren schon mal einen Weltempfänger, aber den hatte ich bewusst demontiert: Als ich daaamals (lange her, D-Mark-Zeiten) mit meinem Freund „Pipi“ Meyer auf Mallorca war, wollte ich an den Lautsprecher ran, um die Musik aus unseren Walkmen hörbar für uns beide zu machen… hat funktioniert, aber dass auszuführen würde hier zu weit gehen (fast schon ein eigenen Artikel wert, hm…). Nun habe ich wieder einen (der technisch vermutlich auf dem Stand des alten Geräts ist) und der liegt hier ca. einen Meter rechts von mir immer so rum. Gestern schweiften meine Blicke umher, weil ich irgendwie gar kein Bock auf Internet und Blubb hatte und verfingen sich in dem Radio. Es war dunkel draußen, deutlich nach 22:00 und mir fiel spontan ein, dass ja die kurzen Wellen besonders Nachts gut empfangbar sind bzw. recht weit übertragen werden können. Also schnappte ich mir das Radio, einen Kopfhörer und ging hinaus auf unsere Terasse. Der Kopfhörer hat zwei Gründe: Erstens kann man sich viele doofe Fragen wegen des Gefiepes und Geknatters ersparen und zweitens kann man auch zunächst leise Sender viel besser wahrnehmen, ohne die Lautstärke nervend hoch zu drehen.

So saß ich da und suchte die Kurzwellen ab. Und man findet eine unsagbare Vielzahl an Sendern! Irgendwo im 19m-Band hörte ich auf einmal Radio Kuwait, englischsprachig, überraschend poppig und mit viel Informationen über den eigenen Sender. Überhaupt hört man so ziemlich alle Sprachen, die man so (er)kennen kann, vom Französischen über Italienisch und Polnisch bis zu Chinesisch, niederländisch sogar auf Mittelwelle. Englisch-Kenntnisse helfen, da so ziemlich die Hälfte aller Sender englisch sendet. Möchte man dann noch Chinesisch lernen, sollte man sich irgendwo zwischen 7,5 und 8 Mhz umschauen, da wird offenbar ein Sprachkurs Chinesisch/Englisch gesendet. Das Gleiche gilt auch für Rumänisch irgendwo bei 13,5Mhz von „Radio Romania International“. Bei 17,9 Mhz konnte ich scheinbar einem gemischten Quäker-Chor (o.ä.) lauschen, begleitet von einem verstimmten Klavier und gefolgt von einer Vorlesung aus Psalm 53, übrigens mit überraschend kräftiger Sendeleistung. Ich habe nicht so lange zugehört das ich hätte rausfinden können, von wo die senden… irgendwo mitten in den SW-Frequenzen waren auch extrem seltsame Mitteilungen: Eine monotone Stimme las in sehr fremder Sprache immer und immer wieder die gleichen Wörter vor, wie von einer Liste abgelesen. Kodierte Anweisungen an eine Zelle? Arabischer Wetterbericht? Rituelle Gebete? Professionelle Funker? Ich weiss es nicht, aber es war ineressant zu erfahren, dass es sowas gibt. Radio Romania sendet übrigens ab und zu auch in deutsch, wie einige andere Sender auch.
All das macht die Welt für mich irgendwie „näher“ oder auch wirklicher. Das Internet ist ja nun absolut digital und trotz allem, was man suchen kann, findet man sicher nicht alles. Beim Radio muss man nix runterladen oder warten, bis irgendwelche Daten übertragen wurden. Beim Radio ist alles ist schon da, flimmert scheinbar ewig durch die Luft und muss „nur“ von den anderen Wellen und Signalen getrennt werden. Das Trennen ist die Aufgabe des Radios, genau wie die akustische Wiedergabe der empfangenen Frequenzen. Und es ist erstaunlich (und für mich irgend wie beruhigend), wie viele Radiosender es auf der Welt noch gibt, auch wenn ich nicht alle verstehen kann. Musik gibt es übrigens auch, und zwar von allem, was man sich so denken kann. Sei es der schon erwähnte Chor, Pop, Rock, Klassik oder Techno. Und das noch in vielen vielen Sprachen, nebst scheinbar globalem Mainstream.

Diese mitunter fiepende Vielfalt muss ich sicher nicht jeden Tag haben, aber ab und zu ist das wirklich schön, interessant und fast schon romantisch.

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